10 Monate tot in Wohnung

In Linz, das ist die Hauptstadt Oberösterreichs, wurde eine Frau delogiert. Sie hatte seit Monaten keine Miete mehr bezahlt. Konnte sie auch nicht. Denn sie war tot. Nur wusste dies keiner, hat auch niemanden interessiert, solange nicht bis der Exekutor die Wohnung öffnen lies zum Zwecke der Räumung. Irgenwie schon traurig, wenn sich erst jemand für einen Menschen interessiert, wenn Schulden oder Rückstände vorhanden sind. Sonst nicht. Ob du tot bist, wird erst bemerkt, wenn du deine Verpflichtungen nicht erfüllen kannst. Sonst bist du Luft.

Furchtbare Bilder
Jedenfalls ist es ein einschneidendes Erlebnis eine Leiche aufzufinden, für alle. Für den Exekutor, für die Polizei und auch für den Schlüsseldienst. Diese schaurigen Bilder vergisst man nie, ich zumindest nicht. Leider habe ich einige toten Menschen in meiner Laufbahn gefunden und diesen einen Platz in meinem Buch „Endlich bin ich erlöst“ gewidmet.

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Erst wenn man nicht mehr zahlt, wird man gesucht

Schlosser Kollege kämpft ums Überleben

Ein Berufs-Kollege, Wolfgang S. wurde bei der Gasexplosion in Wien Hernals lebensgefährlich verletzt. 25 Jahre lang üben wir den selben Beruf aus. Beide sind wir Schlossermeister und Spezialisten für Sicherheits- und Aufsperrtechnik. Doch da ist ein wesentlicher Unterschied zwischen mir und dem Berufskollegen. Ich lehnte die Arbeit als „Helfershelfer“ und „Vollstreckungsgehilfe“ für das Exekutionsgericht ab. Zweifelsohne, diese Arbeit ist gut bezahlt und daher ein sicheres Einkommen für Schlosser, denn arme Leute wird es immer geben – die man aus der Wohnung rauskatapultiert.

Recht und Moral
Geschichten dieser Art haben aber eine Kehrseite. Nicht alles was rechtlich korrekt ist, ist auch moralisch in Ordnung. Wer einmal Zeuge oder Beteiligter einer Delogierung war, der hat eine andere Einstellung zu dieser Vorgehensweise.
Nicht immer ist alles eindeutig und so manch Mieter gerät gänzlich unschuldig in Misslage und Zahlungsverzug. Rücksicht bleibt hier ungehört und der Rechtsanspruch auf die Wohnung wird durchgeführt – meist ohne Skrupel.

Furchtbare Szenen
Verständlicherweise kommt es da zu „unschönen“ Szenen. Tränen, Schreie, Weinen, Schluchzen sind gang und gäbe. Völlig verzweifelte Delogierungsopfer klammern sich an Türstock oder Einrichtungsgegenständen fest, um das Unausweichliche um Sekunden oder Minuten zu verzögern. Ein sinnloses Unterfangen. Nicht selten kommt es Übergriffen gegen den beauftragten Schlosser. Kleinere Rempler oder „Watschn“ werden üblicherweise übersehen. Mitunter greifen Mieter auch zu richtigen Waffen. Sie wehren sich dann mit allen Mittel die ihnen zur Verfügung stehen. Warum die Leute das machen? Niemand verliert gerne seine Wohnung…., zurecht oder zu unrecht – ist nicht Gegenstand der Delogierung.

Kein Schutz für den Schlossermeister

Steht im Vorfeld bereits fest, dass es zu erheblichen Schwieigkeiten kommen wird, so wird die Exekutive beordert. Sind aber keine Vorzeichen für eine Gewalttätigkeit des Mieters bekannt, so bleibt der Schutz für Exekutor, Zeugen oder Schlosser aus. Wobei der Schlosser „an vorderster Front“ kämpft. Der Schlüsseldienst steht in erster Reihe direkt an der Tür und fängt in den meisten Fällen den Gewaltausbruch des aufgelösten und verstörten Wohnungsmieter dann als erster ab.

Ablehnung von Aufträgen logisch
So sehe ich es als selbstverständlich keine Delogierungsaufträge zu übernehmen. Teils aus moralischen Gründen, aber auch aus Gründen des Eigenschutz. Warum sollte sich ein Schlüsseldienst diesen enormen Gefahrenpotential aussetzen? Ein Bauchstich ist schnell geschehen. Ein Hieb mit einem Basballschläger rasch ausgeteilt, und falls es noch gewaltätiger werden, wie am 26. Jänner in Wien Hernals, so ist der Schlüsseldienst ebenfalls derjenige, welcher ohne Schutz vor der Tür steht und die Wucht der Explosion ertragen muss. Allerschwerste Verletzungen, wie mein Berufskollege Wolfgang S. erlitten hat, sind die Folge dieser Schutzlosigkeit.

Darum: Delogierung – Nein Danke!
Denn so lange man einem in Not gerratenen Menschen, der aus welchen Gründen auch immer unfähig ist seine Miete weiter zu bezahlen – so entgegen geht – ist diese Art der Vorgehensweise einfach unakzeptabel. Ebenso wie die kalte Schulter dem Schlosser und Co hierbei gezeigt wird und die gleich dem Mieter ohnmächtig der ganzen unangenehmen Sachlage gegenüber stehen.

Ohne Vorwarnung und jeglichen Schutz müssen Schlosser oftmals arbeiten Tödlich verletzt zu werden ist keine Seltenheit dabei

Ohne Vorwarnung und jeglichen Schutz müssen Schlosser oftmals arbeiten
Tödlich verletzt zu werden ist keine Seltenheit dabei

Explosion bei Delogierung: Lebensgefahr für Schlosser

Wenn man seine Miete nicht zahlt, dann fliegt man raus. Warum jemand nicht zahlen kann, das ist eine Frage fürs Sozialamt oder Familienministerium, oder sonstigen Institutionen. Bei aller Härte dieser Delogierungen muss der Betreiber, also der Vermieter in Schutz genommen werden. Jeder Hausbesitzer benötigt Einnahmen von Seiten seiner Mieter, denn er hat gewaltige Verpflichtungen zu leisten. Wasser, Müll, Verwaltung, Strom, Reparaturen und Instandsetzungen, all diese Kosten muss der Vermieter tragen. Und jeder weiss, dies ist kein Pappenstiel. Ein verantwortungsvoller Eigentümer ist daher bestrebt zahlungsfähige Leute in sein Haus einzuquartieren, die für einen ordentlichen Ablauf der Zahlungen sorgen.

Andere müssen zahlen
Fällt ein Mieter mit seinen Zahlungen aus, so müssen die anderen für den säumigen Kollegen einspringen. Das will niemand und kann auf Dauer keine Lösung sein. Deshalb gibt es Delogierungen und eine Neuvermietung, sonst wäre der Wohnraum aller in Gefahr. Üblicherweise dauert dies in Wien eine verdammt lange Zeit bis ein Räumung vom Gericht erlaubt wird. Ein Jahr ist das mindeste.

Hohe Anforderungen an alle Beteiligten

Der Ablauf einer Räumung ist keineswegs ein Honiglecken, und ist besonders für den beigezogenen Schlüsseldienst „A ganz miese Hackn“, wie man in Wien sagt. Die zu delogierenden Mieter verlassen nur in seltenen Fällen die Wohnung freiwillig. Ein Gerichtsvollzieher (Exekutor) klopft an die betroffene Türe und gibt den behördlichen Befehl die Wohnung zu öffnen. Der Schlosser beginnt zu bohren, um den Exekutor und Vermieter Zutritt zu verschaffen. Nicht selten wehrt sich rausgeschmissene Mieter und schlägt zu. Jeder Schlüsseldienst kann über Watschen, gebrochene Finger oder Platzwunden berichten. Ab und zu kommt auch ein Messer oder sogar ein Schwert zum Vorschein, und verletzte Schlüsseldienst Mitarbeiter sind häufig Gast im Krankenhaus. Revolver und Gewehre sind selten, kommen aber auch vor und ab und zu wird sogar ein Schlosser und der Vermieter, Exekutor an- oder erschossen.

Schlosser und Schlüsseldienst oft Opfer von Gewalt
Was jedoch heute am 26 Jänner in Wien passierte, das ist eine neue Dimension der Gewalt. Bei einem zu delogierenderen Mann kam es zu einer Explosion, als der Exekutor läutete. Das halbe Haus flog einfach in Luft. Und mit dem Mann flog der Schlosser, der Hausbesitzer, seine Frau und der Gerichtsbeamte und noch 10 Menschen mit. Nebenbei verursachte die Sprengung einen Schaden in Millionenhöhe. Die ganze Nacht strömte Gas aus und entzündete eine gewaltige Gasexplosion beim Klingeln um 7.30, als die Gruppe vor der Tür stand. Ein Mann starb, und drei weitere Personen sind schwerst verletzt, darunter der Schlüsseldienst, ein Kollege von mir.

Sozialamt muss Miete übernehmen
Als Branchenkenner und Insider weiss ich, dass es immer wieder zu Gewaltausbrüchen kommen wird. Niemand verliert gerne seine Wohnung und schläft auf der Strasse, insbesondere nicht im Jänner. So sehe ich es als Pflicht des Sozialstaates diesen Mietern zu helfen und finanziell unter die Arme zu greifen. Es ist unverantwortlich unschuldige Menschen, wie Nachbarn, Schlosser, oder andere Mieter diesen Gefahren einer Eskalation auszusetzen. Abgesehen vom menschlichen Leid wäre es auch billiger für ein paar Monate die Miete zu begleichen, als ein gesprengtes Haus wieder aufzubauen.

Das ist kein Spass, wenn der Exekutor läutet. Oftmals gibt es Todesopfer unschuldiger Menschen

Das ist kein Spass, wenn der Exekutor läutet.
Oftmals gibt es Todesopfer unschuldiger Menschen

Der Schuldner lässt sich aus dem Fenster fallen

Herr Martin S., der Gerichtsvollzieher sieht auf die Uhr. Es ist 11.22 und dies ist der elfte Akt heute. Wir liegen etwas hinten, im Normalfall sind wir bereits fertig und erledigen die Papierarbeit während des frühen Mittagsessens. Heute war die Sache schwieriger, kein einziger unserer unfreiwilligen Kunden öffnete die Tür. Zehn Mal musste ich bereits als Schlossöffner tätig werden und Herrn Martin S., Einlass gewähren. Das ist nun mal der Job als Gerichtsschlosser. Technisch gesehen waren die heutigen Akten aufwendig, mental jedoch unbelastend. Zehn Exekutionen sind keine grosse Sache, der Schlüsseldienst öffnet die Tür, der Exekutor betritt die Wohnung mit einem Zeugen und klebt den Bundesadler auf einen Wertgegenstand. Das war es auch schon. Wenn niemand anwesend ist, dann gibt es keine Diskussion und keinen Streit. Der Klient hat noch einige Monate Zeit die offene Rechnung zu begleichen. Unser nächster Auftrag, der elfte ist ein anderes Kaliber. Es ist eine Delogierung. Der Klient wird der Wohnung verwiesen, Schloss wird getauscht und der säumige Zahler verliert seinen Unterschlupf. Das ist hart! Hart für alle. Wir erledigen diese Akten immer als letztes am Tag. Der Exekutor will den Delinquenten so lange wie möglich in seinem Nest lassen und sämtliche beteiligten Personen nicht zu früh mit den traurigen Umständen belasten.

Die Tür ist offen
Herr S. klopft an die Tür im sechsten Stock des Neubaus. Die Tür springt auf, sie war anscheinend lediglich angelehnt. „Hallo Herr G.“, ruft der Exekutor, „ist wer zu Hause?“ und setzt dabei einen Schritt in die Wohnung. Der Zeuge und ich folgen ihm. Der Beamte erblickt den zahlungsunfähigen Klienten im Wohnzimmer. „Grüss Gott Herr G, Sie wissen warum wir hier sind. Es ist eine traurige Angelegenheit, das weiss ich, jedoch kann Ihnen nun niemand mehr helfen, Leider, das würden wir wirklich gerne, aber leider, nun ist es zu spät!“ Von der Tür aus kann ich ebenfalls den Schuldner sehen. Ein gepflegter Mann Mitte dreissig im dunklen Anzug und Krawatte lehnt vor einem offenen Terrassentür, ein klassischer französischer Balkon, wie man ihn bei Luxuswohnungen und Penthäusern findet. Diese Art von Fenster verleiht dem Raum einen grossen Anteil an Freiheit. Man hat das Gefühl mit der Natur verbunden zu sein. Das ganze Zimmer wird mit Licht und frischer Luft durchflutet. Der Gerichtsvollzieher gibt mir durch ein kurzes Nicken Bescheid meine Arbeit zu beginnen und das Schloss an der Eingangstüre zu tauschen. Ich öffne meine Werkzeugtasche und greife nach einem Schraubenzieher, mein Blick wandert wieder zum Mieter. Es sind seine letzten Minuten in seiner Wohnung. Er lehnt weiter am Stahlgitter des Fensters und lächelt ein wenig. Die Absperrung ist nicht besonders hoch, sie reicht etwas über seine Hüfte, die obere Körperhälfte ist frei. Herr G. sieht mir beim Herausdrehen der Stulpschraube zu und lächelt weiter.

Plötzlich passiert etwas Unvorhersehbares
Es kommt wiederum zu einem halbzufälligen Blickkontakt zwischen mir und Herrn G.. Plötzlich passiert etwas Unglaubliches! Herr G. sieht mir direkt in die Augen, lehnt sich weit zurück und lässt sich rücklings aus dem Fenster fallen. Stumm und mit steinerner Miene verschwindet er rasant aus meinem Gesichtsfeld und stürzt hinab. Wenige Sekunden später vernehme ich ein schwachen dumpfen Aufschlag, kaum hörbar. Ich erstarre zu Eis und starre auf das leere offene Fenster. Der Gerichtsvollzieher sieht mich ebenso verdutzt und schockiert an, wie ich ihn. Keiner von uns zwei ist fähig ein Wort zu sprechen oder zu handeln. Wir sehen uns nur an. Ebenso still ist der Zeuge. Er steht genau neben uns wie eine Säule. Nach einiger Zeit, eine gefühlte Ewigkeit, jedoch habe ich keine Ahnung wie lange wir so standen, lichtet sich ein klein wenig der Nebel in meinem Kopf und ich greife nach meinem Handy. Der Anruf gilt der Polizei, welche aber bereits bei uns in der Wohnung steht. Jemand anderer hatte dies anscheinend vor mir getan. Nun höre ich im Hintergrund die Sirene der Rettungsfahrzeuge, welche sich nähern. Wie in Trance nenne ich einen Polizisten meinen Namen und meine Telefonnummer, dann greife ich zu meiner Werkzeugtasche und gehe. Langsam schwanke ich die sechs Stockwerke hinunter, raus aus dem Haus und vorbei an der zerschmetterten und verdrehten Leiche von Herrn G. Die gesamte Strasse ist erfüllt von Blaulicht und Sirenenlärm. Es ist nun 11.45.

Schock! Wirtschaftskammer exekutiert Herausgeber der Schlosserzeitung

Nach 25 Jahren Zwangsmitgliedschaft hetzt mir die österreichische Wirtschaftskammer das Gericht an den Hals. Ohne Rechnung und ohne Vorwarnung setzt die Wirtschaftskammer das stärkste Rechtsstaatliche Instrument an und exekutiert mich!

IRONIE der Geschichte:

Besonders grosses Interesse hat die Kammer an meiner beruflichen Tätigkeit: Sie verzichten auf einen Aufsperrdienst. Ich bin Schlossermeister, Lehrlingsausbilder und durch mich haben viele eine solide Arbeit gefunden. Denn ich bin der wohl best bekannteste Handwerksmeister mit einem grossem Herz für Mensch und Tier!

SARKASMUS:

Zum Glück verzichten die Beamten von der Wirtschaftskammer wenigstens auf Haft!
Ich darf in Freiheit bleiben!
Die Erwähnung einer möglichen Inhaftierung ist schockierend!

Für das ist man Unternehmer und schafft Jobs und das allein bei 450 000 (VIERHUNDERTFÜNFZIGTAUSEND) gemeldeten Arbeitslosen in Österreich.

Das ist der richtige Weg!?!

Gerichtsbrief, Gerichtsvollzieher

Wieso arbeiten in der Wirtschaftskammer eigentlich Beamte und keine Unternehmer?
Man fragt sich, ob es der richtige Weg ist in Österreich Arbeitsplätze zu schaffen